Im Jahr 2006 wurde das kosovarische Aus- und Fortbildungsinstitut (KJI) unter der Ägide der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gegründet. In seiner bisherigen zehnjährigen Tätigkeit hat es ansehnliche Ergebnisse erzielt. Allein die jüngsten Daten aus der ersten Hälfte des Jahres 2016 sind beeindruckend: an 52 Seminaren nahmen rund 1100 Richter und Staatsanwälte teil. 2008 war das Referendariat für Richter und Staatsanwälte eingeführt worden, an dem seither 169 Kandidaten teilnahmen. Das ist rund ein Drittel aller gegenwärtigen Richter und Staatsanwälte.
Dennoch spiegelt sich diese Erfolgsbilanz nicht in der Arbeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften wider. Hunderttausende von Gerichtsverfahren sind nicht beendet, darunter auch viele Strafverfahren. Dies hat viele Gründe, einer davon kann möglicherweise auch das juristische Aus- und Fortbildungssystem selbst sein. Diese Überlegung ist ein wichtiger Ausgangspunkt dieses Twinning-Projektes, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Qualität der Aus- und Fortbildung sowie das Trainingsmanagement am KJI, aus dem in absehbarer Zeit eine Justizakademie geformt werden soll, zu verbessern.
Aus- und Fortbildung müssen stärker bedarfsorientiert aufgestellt werden. Dazu gilt es, berufsorientierte Kompetenzen gemeinsam mit den Partnern auf kosovarischer Seite auszuarbeiten, die eine tragfähige Grundlage für zukünftige Aus- und Fortbildungsangebote darstellen können. Die wichtigsten Partner hierbei sind der Rat der Richter und der Rat der Staatsanwälte, die am 4. Oktober 2016 zu einem gemeinsamen Workshop „Learning by Doing – Work Requirements, Job Profiles and Competency-based Training in the Judicial Sector” ins KJI eingeladen wurden. Unter Moderation der Twinning Experten Ineke van de Meene (Juristisches Studienzentrum der Niederlande), Rainer Hornung (Oberstaatsanwalt Lörrach), Stephan Engelhorn (Richter und Ausbildungsleiter am Oberlandesgericht Koblenz) und Leon Plas (Generalstaatsanwalt und Dozent am Studienzentrum der Niederlande), diskutierten Vertreter der beiden Räte sowie Richter und Staatsanwälte gemeinsam mit Trainern und Managern des KJI über strategische Anforderungen und praktische Etappen eines “Life Long Judicial Learning”-Prozesses. Dabei wurden die Bereiche der strategischen Personalplanung und -entwicklung für die verschiedenen Stationen einer juristischen Karriere, die praxisorientiertere Ausgestaltung der berufseinführenden Aus- und Fortbildung, die Möglichkeiten einer praxis- und berufsnäheren Bedarfsermittlung sowie eine methodisch angemessenere Ausgestaltung der Aus- und Fortbildung erörtert.
Der Workshop fand großen Anklang bei den Teilnehmern und Experten. Es gab zahlreiche Anregungen für zukünftige Projektschwerpunkte und deren Durchführung. Hierbei wird der weitere Kontakt mit den Teilnehmern an dieser und an früheren gemeinsamen Veranstaltungen zwischen dem Twinning Projekt und dem KJI von vorrangiger Bedeutung sein. Dadurch lassen sich Gesprächskreise mit Runden Tischen und kleineren Workshops sowie Netzwerke mit den direkten Bedarfsträgern aufbauen, um diese zur Mitwirkung an zukünftigen Projektaktivitäten zu gewinnen. Ohne deren Mitwirkung wird sich keine nachhaltige Projektwirkung erzielen lassen.
Dieses Twinning Projekt ist nicht das erste Projekt, mit dem das KJI und die juristische Aus- und Fortbildung des Kosovo im Auftrag der EU durch die IRZ fördert werden. Dieses Projekt begann im Februar 2016 und wird im Juli 2018 enden. Damit bleibt ausreichend Zeit, auf den Erfolgen der vorangegangenen Projekte aufzubauen, aus deren Schwächen zu lernen und die nach wie vor bestehen politischen Unsicherheiten auszubalancieren. In diesem Projekt arbeitet die IRZ mit dem niederländischen Zentrum für internationale rechtliche Zusammenarbeit (CILC) zusammen. Maßnahmen wie das beschriebene Workshop tragen auch ausgezeichnet zum „Teambuilding“ unter den deutschen und niederländischen Experten bei.